Ricciarelli – zartes italienisches Mandelgebäck
Vorsicht! Gute Ricciarelli machen süchtig! Das zarte italienische Mandelgebäck duftet herrlich nach Marzipan, Zitrusfrüchten, Vanille und Toscana. Ursprünglich fand Marzipan seinen Weg aus dem Orient nach Mittelitalien, wo die ersten Ricciarelli entstanden sein sollen. Das köstliche Mandelgebäck wurde in Siena seit dem 15. Jahrhundert ausschließlich von Klöstern und den ersten italienischen Apotheken (Speziarie) hergestellt, da es nur dort so teure und ausgefallene Gewürze und Aromen wie z. B. die Vanille gab. Der Genuss des duftenden, zarten Gebäcks war lange Zeit nur Adligen und der reichen Oberschicht an hohen kirchlichen Feiertagen wie Weihnachten und Ostern oder bei Hochzeiten vorbehalten.
Viele Legenden berichten über die Geschichte der Ricciarelli und in Siena wird die Tradition noch heute regelrecht zelebriert. Es ist köstlich, vielerlei Legenden in dieser wunderbaren Stadt nachzuspüren und die noch erhaltenen, uralten Speziarie zu besichtigen und zu probieren und probieren und…
Kennt ihr das Gefühl: ihr geht oder sitzt irgendwo und plötzlich ist sie da, die lange schlummernde Erinnerung an eine schöne Begebenheit? Ausgelöst durch einen Duft, der einen im Vorbeigehen streift, eine bestimmte Musik, einen speziellen Geschmack, eine Farbnuance? So erging es mir vor einiger Zeit mitten in Köln bei Espresso Perfetto, einer tollen italienischen Kaffeebar. – Inmitten anderer Köstlichkeiten in der Kuchentheke erspähte ich das nie vergessene feine Gebäck. Endlich an einem Tischchen mit Oktay sitzend, biss ich ein winiziges Stückchen ab und war geflasht wie damals. Zurückversetzt in einen warmen, herbstgoldenen Tag vor einer Million Jahren. Mitten auf einer lebhaften Piazza mit meinem damaligen Freund Lothar bei Cappucino und der nie vergessenen Köstlichkeit sitzend, nach abenteuerlicher Fahrt im VW-Variant über die Alpen. Kennt ihr das Gefühl?
Original Ricciarelli sind noch in der heutigen Zeit etwas Besonderes und recht teuer, wenn sie aus guten Zutaten hergestellt werden. In der Gourmetabteilung eines Kölner Kaufhauses fand ich das Gebäck, sogar ein Discounter hatte sie dieses Jahr um Nikolaus im Angebot. Die Zutatenliste schreckte mich vor einem Kauf ab und ich konnte mich nur über den völlig überhöhten Preis wundern. Kaum Mandeln enthalten oder gar ausschließlich künstliches Mandelaroma. Dafür jede Menge Palmfett, Mehl und viel Zucker. Manche Hersteller ersetzen die Mandeln sogar durch billigere Aprikosenkerne. – Ein Kauf hätte mich nur enttäuscht. Also ließ ich die Finger davon und beschloss, das Gebäck selbst „nachzubauen“. Ich habe verschiedene Rezepte im Internet gefunden und sogar aus dem Italienischen übersetzt und mir schließlich mein eigenes zusammengestellt. Natürlich habe ich ausgiebig probiert, welche Variante die beste ist. Für Nussallergiker ist dieses Gebäck natürlich nicht geeignet.
Nun sind wir ja bei Vita Oeconomica und machen uns Gedanken, was dem Körper gut tut und auch noch schmeckt. Die Rezepte, die ich teilweise fand, sind meistens mit sehr viel fragwürdigen Fetten und Zucker gemacht. Das Originalrezept sieht lediglich abgezogene, gemahlene Mandeln, Eiweiß, Zucker und natürliche Aromen wie Vanille, Zitrone und Orange vor. Wegen der in Mandeln enthaltenen Ballaststoffe wäre es gesünder, ungeschälte Mandeln zu verwenden. Dann werden die Ricciarelli aber nicht ganz so zart, hell und fein. Wenn ihr das Rezept nachbacken wollt, müsst ihr euch also zunächst für oder gegen die Ballaststoffe entscheiden und ob ihr mit herkömmlichem Puderzucker oder Xylit arbeiten wollt. Nachfolgend mein Favorit mit abgezogenen Mandeln:
Riciarelli – zartes Mandelgebäck, zuckerreduziert (ca. 35 Stück)
- 300 g abgezogene, sehr fein gemahlene Mandeln (wenn ihr gemahlene Mandeln kauft, solltet ihr sie am besten nochmals noch feiner in der Küchenmaschine mahlen. Das macht das Gebäck noch zarter. Ist aber kein Muss, s. o.).
- 100 g Puderzucker (oder 120 g zu „Puderzucker“ gemahlenen Erythrit, um Kalorien zu sparen. Erythrit erzeugt allerdings einen ein wenig bitteren Nachgeschmack)
- 2 Eiweiß Gr. M
- 1 Esslöffel abgeriebene Schale einer Biozitrone
- 2 Esslöffel Zitronensaft
- ½ bis 1 Esslöffel abgeriebene Schale einer Bioorange (nach Geschmack, kein Muss)
- 1 gehäufter Teelöffel Weinsteinbackpulver
- 1 Prise Salz
- 4 Tropfen Bittermandelöl
- Herausgekratztes Mark einer 1 Vanilleschote (Rest nicht wegwerfen, sondern in Schraubverschlussglas mit Zucker geben und gelegentlich schütteln. Gibt eigenen Vanillezucker) oder alternativ 2 Tütchen Vanillezucker (mit den Mandeln mitmahlen!)
- Ein wenig Tonkabohnen-Abrieb (nach Geschmack, kein Muss)
- Ist der Teig zu „bazig“, ggf. 1 Eslöffel Mehl hinzufügen.
- Etwas Puderzucker zum Bestäuben nach dem Backen
Eier trennen und zu festem Eiweiß schlagen. Nach und nach den Puderzucker bzw. das zu Puderzucker fein gemahlene Erythrit einrieseln lassen. Vanillemark, geriebene Zitronen- und Orangenschale und Bittermandelaroma hinzufügen. Vorsichtig unterrühren. Eiweißmischung und Zitronensaft nun auf die mit dem Weinsteinbackpulver sehr fein gemahlenen Mandeln geben und am besten mit der Hand ganz vorsichtig zu einem etwas klebrigen Teig mischen. Ggf. noch max. 1 Essl. Mehl hinzufügen. 1 Std. ruhen lassen, damit die Aromen durchziehen können.
4 Rollen mit Hilfe von Backpapier oder Frischhaltefolie formen und mit scharfem Messer Taler von ca. 2 – 2,5 cm Höhe und 4,5 cm Durchmesser formen, auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech geben und mit einer Gabel das typische Muster eindrücken (klebt nicht, wenn die Gabel in kaltes Wasser getaucht wird) oder mit einem Teelöffel Häufchen formen. Für mindestens 3 Std. kühl stellen und danach zuerst 3 Minuten bei 175 Grad und danach ca. weitere 17 Minuten bei 130 Grad ohne Umluft eher trocknen als backen. Blech aus dem Ofen nehmen. Das Äußere sollte möglichst weiß, das Innere feucht bleiben. Ricciarelli auf dem Blech mit Puderzucker bestäuben (kein Muss). Jeder Ofen ist etwas anders. Ggf. Ricciarelli einige Minuten mit Backpapier während des Backvorgangs abdecken, falls sie zu golden zu werden drohen.
Unter der nach dem Backen etwas rissigen Oberfläche, die als Hommage an das Original mit etwas Puderzucker bestreut werden sollte, versteckt sich ein hauchzarter, unvergleichlich weicher Kern, der auf der Zunge zergeht. Frische Ricciarelli betören durch ihren unwiderstehlichen Geschmack nach Marzipan, den intensiv süßen Duft der Vanille und das frische Aroma unbehandelter Zitrusfrüchte. Das zarte Mandelgebäck aus der Toskana ist eine köstliche Gaumenfreude und wir ersparen uns den Verzehr ungesunder Fette, indem wir nur Mandeln, Aromen, Eiweiß und Zucker verwenden.
Mandeln sind sehr gesund
Eine gute Nachricht für Gesundheitsbewusste: Der Organismus verdaut das in Mandeln enthaltene Fett nicht komplett. Somit wird gesund gesnackt und Kalorien werden eingespart.
Vegetarier und Veganer nutzen Mandeln wegen ihres hohen Gehalts an pflanzlichem Eiweiß und ihrem guten Geschmack. Werden Mandeln mit Vitamin-C-haltigen Früchten in Kombi gegessen, kann unser Organismus den Mineralstoff Eisen am besten verwerten. Auf dieser Seite findet ihr Porridge-Rezeptvarianten, die dieses Thema aufgreifen.
Keiner wird die köstlichen Ricciarelli herunterschlingen, sondern langsam genießen. Dennoch ist es wichtig zu wissen, dass Mandeln besonders gründlich gekaut werden sollten, da sie schwer verdaulich sind. Ausgiebiges Kauen schlüsselt die gesunden Inhaltsstoffe auf und die Mandeln liegen nicht so lange im Magen. Mandelkerne mit Schale sind natürlich wegen der Ballaststoffe gesünder, aber eben auch für Empfindliche schwerer verdaulich. Die Ricciarelli werden dann etwas fester und dunkler. Längeres Kauen ist also sehr wichtig und bietet noch längeren Genuss, hihi.
Mandelgenuss soll laut Studien den Appetit verringern. Eine Handvoll regelmäßig gesnackt, erhöht nicht das Körpergewicht und verhindert Heißhungerattacken.
Inhaltsstoffe
- Ballaststoffe, Eiweiß, Mineralstoffe, Vitamine B, E und Beta-Karotin
- Folsäure, ungesättigte Fettsäuren, Eisen, Calcium, Zink, Selen, Fluor
- Mandeln enthalten viele ungesättigte Fettsäuren, die erhöhte Blutfettwerte regulieren und Gefäße und Herz schützen können.
- 60 g Mandeln täglich pur oder als Mus genossen, sollen lt. Studien bereits ausreichen, um uns vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen, einem erhöhten Cholesterinwert und Diabetes zu schützen. Mandeln sollen in der Lage sein, die vom Körper freigesetzte Menge an Insulin zu reduzieren und somit den Blutzuckerspiegel zu senken (helfen, Heißhungerattacken zu verhindern).
Die nachfolgende Erkenntnis hat nichts mit dem Ricciarelli Rezept zu tun, finde ich jedoch äußerst informativ: Mandeln sind gesund – doch unsere Gesundheit profitiert viel mehr, wenn Mandeln vor dem Verzehr eingeweicht werden. Wieso ist das Einweichen der Mandel so wichtig?
Eingeweichte Mandeln haben mehr Nährstoffe
Werden Mandeln vor dem Verzehr eingeweicht, werden mehr Nährstoffe freigesetzt. Das Einweichen imitiert das Entstehen eines neuen Mandelschösslings. Die pfiffige Mandel bereitet ihren Samen auf das Keimen vor. Davor werden die Nährstoffe so lange zurückgehalten bis der Samen für das Wachstum bereit ist und die Nährstoffe benötigt. Dieses Zurückhalten erledigen sogenannte „Enzyminhibatoren“. Sie blockieren die Resorption wichtiger Näherstoffe. Logisch?
Wenn ihr also die gesunden Mandeln im Müsli oder als Snack essen wollt, empfiehlt es sich, sie am besten über Nacht einzuweichen. So können die Enzyminhibatoren abgebaut werden und die gesunden Nährstoffe haben Zeit, sich zu lösen.
Eingeweichte Mandeln sind besser verdaulich
Mandeln sind schwer verdaulich, was auch an ihrer Schale liegt. Weicht man die Mandeln über Nacht ein, kann die Schale problemlos gelöst werden. Aber auch geschälte Mandeln können schwer verdaulich sein und ein Völlegefühl auslösen. Dies ist wiederum den Enzyminhibatoren geschuldet, die unser Organismus nicht durchbrechen kann. Also Mandeln am besten einweichen.
Eingeweichte Mandeln schmecken noch leckerer
Durch das Einweichen entwickeln Mandeln ein feineres und intensiveres Aroma und die Süße der Nuss kommt noch besser zum Vorschein.
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Dann wünsche ich gutes Gelingen und guten Appetit und tut mir bitte einen Gefallen:
lasst am besten die Finger von gefakten Ricciarellis oder gar gebrannten Mandeln auf dem Jahr- oder Weihnachtsmarkt. Der Duft mag noch so verführerisch sein. Der Zuckergehalt ist gigantisch, ganz abgesehen von dem Zeug, was noch so drin steckt.